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Treffen von Ernst Breit (DGB) und Harry Tisch (FDGB) in Stuttgart, 16. September 1989

Begrenzte Handlungsräume: Tarifpolitik in der Planwirtschaft der DDR

Zunächst sind in der DDR Tarif- und Streikrecht durch die Verfassung vom 7. Oktober 1949 garantiert. Doch im Gesetz der Arbeit vom 9. April 1950 wird das Streikrecht bei den Aufgabenbestimmungen des FDGB nicht erwähnt.

Nach dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 geht die Staatsführung hart gegen Streiks vor. In der neuen Verfassung von 1968 hat das Streikrecht keinen Platz mehr. Dennoch kommt es in den folgenden Jahren immer wieder zu kleineren Arbeitsniederlegungen vor allem in Produktionsbetrieben. Die „Rädelsführer“ werden vielfach als „Agenten des Westens“ gebrandmarkt.

Den Rahmen für die Regelung von Arbeitszeit und Löhnen bestimmt das Arbeitsgesetzbuch vom Juni 1977. Darin heißt es: „Die Gewerkschaften tragen als Interessenvertreter der Werktätigen eine große Verantwortung für die allseitige Stärkung der sozialistischen Gesellschaftsordnung und die stabile Entwicklung der sozialistischen Wirtschaft.“ Und weiter: „Die Gewerkschaften nehmen an der Vorbereitung und Ausarbeitung der Fünfjahrpläne und der jährlichen Volkswirtschaftspläne teil. Sie fördern die Initiative der Werktätigen zur gezielten Überbietung der staatlichen Aufgaben. Die Gewerkschaften haben das Recht, zu den Planentwürfen Vorschläge zu unterbreiten und Stellung zu nehmen.“ Insgesamt heißt das: „Die Gewerkschaften haben das Recht, über alle die Arbeits- und Lebensbedingungen der Werktätigen betreffenden Fragen mit Staatsorganen, wirtschaftsleitenden Organen und Betriebsleitern Vereinbarungen abzuschließen.“ Und für die Arbeit des FDGB wird festgelegt: „In den Rahmenkollektivverträgen sind die besonderen Bestimmungen über den Arbeitslohn, die Arbeitszeit und den Erholungsurlaub sowie weitere arbeitsrechtliche Bestimmungen, insbesondere im Zusammenhang mit der Intensivierung der Produktion, für die Werktätigen der Zweige bzw. Bereiche der Volkswirtschaft, für bestimmte Personengruppen oder für bestimmte Gebiete zu vereinbaren.“ Insgesamt wird die Regelung der Arbeitsbedingungen damit eingebunden in den Prozess der wirtschaftlichen Planung. Von Tarifautonomie ist nicht die Rede.

Angesicht der Unterordnung der Kollektiverträge unter die Vorgaben der Wirtschaftsplanung ist es nicht verwunderlich, dass sich Löhne und Arbeitszeit nur langsam im Interesse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entwickeln. Die Standards bleiben deutlich hinter denen der Bundesrepublik Deutschland zurück.

In der DDR wird zwar die Berufstätigkeit von Frauen mit der Unterstützung des FDGB gefördert. Doch das propagierte Bild der „vollen Gleichberechtigung der Frauen“ stimmt nicht mit der Realität überein: Eine Analyse der Lohndaten der Produktionsarbeitskräfte und der Hoch- und Fachschulkader vom September 1988 zeigt, dass die Frauen sowohl brutto als auch netto 16 % weniger verdienen als die Männer.

Erst mit dem Gewerkschaftsgesetz vom 6. März 1990 wird das Streikrecht wieder garantiert. Wenig später werden die Bestimmungen des DDR-Arbeitsgesetzbuches, mit denen der FDGB in das Planungssystem eingebunden wird, durch Gesetz vom 22. Juni 1990 aufgehoben und durch das bundesdeutsche Recht ersetzt.

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Zur aktuellen Tarifpolitik Informationen auf der Internetseite der Hans-Böckler-Stiftung

Gender Pay Gap / Entgeltungleichheit auf der Internetseite der Hans-Böckler-Stiftung