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In der Weimarer Republik: Tarifautonomie und Zwangsschlichtung
Mit der Weimarer Reichsverfassung wird festgelegt, dass die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer berechtigt sind, zur Vertretung ihrer Interessen Gewerkschaften zu gründen und entsprechende Verträge mit den Arbeitgebern abzuschließen.
Gegenstand der Tarifverhandlungen sind alle Fragen der Arbeitsbedingungen – von der Arbeitszeit bis zur Lohnhöhe. Zudem wird die Höchstarbeitszeit, der langersehnte Acht-Stunden-Tag, auch durch ein Gesetz festgeschrieben, so dass Tarifverträge allenfalls eine kürzere als die verordnete Arbeitszeit vereinbaren können. Getrieben von der Agitation der Arbeitgeber vor allem der Schwerindustrie, die Gewerkschaften könnten ihre Macht in unverantwortlicher Weise nutzen, wird im Oktober 1923 eine staatliche Zwangsschlichtung eingeführt. Wenn sich die Tarifparteien nicht verständigen, wird ein staatlich bestellter Schlichter einen verbindlichen Schlichterspruch fällen. Das führt zu einer Stabilisierung des Tarifvertragssystems.
Unterstützt von der wirtschaftlichen Entwicklung werden zu Beginn der 1920er Jahre Lohnerhöhungen vereinbart. Doch diese können nicht mit der galoppierenden Inflation Schritt halten, die Ende 1923 ihren Höhepunkt erreicht. Tarifverträge verlieren ihre Bedeutung schon wenige Tage nach ihrem Abschluss. Sie werden vielfach von Absprachen abgelöst, nach denen Lohnerhöhungen „automatisch“ an die Preissteigerung gekoppelt werden. Und die gesetzliche Arbeitszeitbegrenzung wird auf Druck der Arbeitgeber nach und nach aufgeweicht. Außerdem verschärft sich das Klima zwischen organisierter Arbeitgeber- und Arbeitnehmerschaft im Laufe der 1920er Jahre: Immer wieder können sich die Tarifparteien nicht auf einen Kompromiss einigen, so dass die staatliche Zwangsschlichtung eingreift. Symbolische Bedeutung erhält der Ruhreisenstreit 1928, der die Grenzen des staatlichen Einflusses ebenso zeigt wie die unversöhnliche Gegnerschaft der Arbeitgeber: Die Arbeitgeber der Schwerindustrie an der Ruhr weigern sich, den Schiedsspruch umzusetzen – und die staatlichen Stellen reagieren hilflos. Zudem verschärfen die Unternehmer der Schwerindustrie ab Ende der 1920er Jahre ihre anti-gewerkschaftliche Propaganda: Der Einfluss der Gewerkschaften mache die Weimarer Republik zum „Gewerkschaftsstaat“, der jede unternehmerische Freiheit ersticke. Damit wird die schlechte wirtschaftliche Entwicklung den Gewerkschaften und zugleich der Weimarer Demokratie angelastet.
Während der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre wird die Tarifautonomie durch Notverordnungen, die Lohnkürzungen vorschreiben, ausgehebelt. Die von Massenarbeitslosigkeit geschwächten Gewerkschaften können das nicht verhindern.
Kurz nach der Machtübertragung an die Nationalsozialisten werden die Gewerkschaften im Frühjahr 1933 zerschlagen, die Betriebsräte aufgelöst und die Tarifautonomie abgeschafft. Die Arbeitsbedingungen werden fortan von den Treuhändern der Arbeit festgelegt.
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Zur aktuellen Tarifpolitik Informationen auf der Internetseite der Hans-Böckler-Stiftung
Gender Pay Gap / Entgeltungleichheit auf der Internetseite der Hans-Böckler-Stiftung