Anders als die Gründung der Bundesrepublik Deutschland für den DGB erfordert die Gründung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) im Oktober 1949 keine organisationspolitischen Konsequenzen für den FDGB.
Der FDGB ist ohnehin „die“ zentrale Einheitsgewerkschaft für die Sowjetische Besatzungszone einschließlich Ost-Berlin, so dass er sich nicht neu strukturieren muss. Er begrüßt die Gründung der DDR begeistert und reiht sich bereitwillig in den Chor der Stalin-Verehrer ein. Nur eine neue Satzung muss sich der FDGB geben.
Die Satzung des FDGB
In der auf dem 3. FDGB-Kongress im September 1950 verabschiedeten Satzung, erkennt der FDGB die SED als „die Partei der Arbeiterklasse“ und als deren „bewußten Vortrupp“ an. Er will „kämpfen für die allseitige Stärkung der DDR“. Konkret bedeutet das, der FDGB will dazu beitragen, „die Arbeitsproduktivität zu steigern, die Qualität der Erzeugnisse zu verbessern und die Produktionskosten zu senken“. Diesem Ziel sollen die vom FDGB organisierten Aktivisten- und Wettbewerbsbewegungen und die Anwendung von Leistungslöhnen dienen. Erst in Punkt 15 werden als „weitere wesentliche Aufgaben“ die Verbesserung der Einkommens- und Arbeitsbedingungen genannt. Diese Zurückstufung traditioneller Gewerkschaftsaufgaben folgt der Selbstverpflichtung, einen „entschiedenen Kampf gegen […] das Nurgewerkschaftertum“ zu führen.
Die Ablehnung des FDGB, die traditionelle Gewerkschaftsarbeit zu übernehmen, entspricht der Ankündigung des SED-Politbüros vom 27. November 1951, „den gewerkschaftlichen Organisationen mehr als bisher kameradschaftliche Hilfe zu erweisen“. Das soll speziell durch die Unterstützung der ideologischen Erziehungsarbeit geschehen, die der gründlichen Beschäftigung „mit der Lage der Arbeiterklasse und mit der Gewerkschaftspolitik in Westdeutschland“ dienen soll. Unterstützung verspricht die SED auch bei der „Entfaltung des sozialistischen Wettbewerbs“, bei der Durchführung der Betriebskollektivverträge und bei der Verbesserung der betrieblichen Kulturarbeit. Letzteres stößt in weiten Kreisen der Arbeiterschaft durchaus auf Zustimmung, weil diese Dienstleistungen – zusammen mit dem FDGB-Feriendienst – für Abwechslung sorgen.
Mitgliederentwicklung des FDGB
Die Mitgliederzahl des FDGB wächst von 4,7 Millionen auf 6,1 Millionen im Jahre 1959 an. Das entspricht 1959 einem Organisationsgrad von 91,7 Prozent. Doch die hohen Mitgliederzahler des FDGB sind nicht Ausdruck einer großen Begeisterung für den FDGB. Wer nicht Mitglied des FDGB werden will, hat persönliche Nachteile in Kauf zu nehmen. Diese reichen vom Karrierestopp bis hin zum Arbeitsplatzverlust. Hinzu kommen die gesellschaftliche Ausgrenzung und der Verlust wichtiger sozialer Unterstützungsleistungen. Andererseits hat der FDGB auch einiges zu bieten: Gesundheitsbetreuung, Feriendienst und die Freizeitangebote machen in den Augen vieler die FDGB-Mitgliedschaft sinnvoll.
Großes Augenmerk legt der FDGB darauf, Frauen zu werben. Mit Erfolg: Der Anteil der weiblichen Mitglieder wächst von 32 Prozent im Jahr 1950 auf rund 41 Prozent im Jahr 1959. In den Führungsgremien sieht es allerdings ganz anders aus: Von den 1950 gewählten 101 Mitgliedern des Bundesvorstandes sind 21 Frauen, also fast 21 Prozent. 1954 sind es nur noch 19 Prozent. Im neunköpfigen Sekretariat des Bundesvorstandes gibt es 1954 nur eine Frau – und das, obwohl es zu den erklärten Zielen des FDGB gehört, nicht nur den Anteil von Frauen an der Mitgliedschaft, sondern auch in den Führungsgremien des FDGB zu erhöhen.
Dennoch: Der FDGB mobilisiert eine beträchtliche Anzahl von Arbeitnehmern zur aktiven Mitarbeit: 1959 werden 300.000 ehrenamtliche Funktionäre gezählt. Außerdem gibt es 60.000 „Helden der Arbeit“. Mit dieser Vielzahl von gewerkschaftlichen Aktivisten ist der FDGB als Massenorganisation im betrieblichen Leben fest verwurzelt. Und wegen der Bedeutung des Betriebes für die Gestaltung des Lebens reicht er damit weit in den Alltag der Bevölkerung hinein.