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Ein Bild von Teilnehmenden des XI. Weltgewerkschaftskongess in Berlin

Im Kalten Krieg: Gespaltene Welt – gespaltene internationale Gewerkschaftsbewegung

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges erlebt die Idee der gewerkschaftlichen Zusammenarbeit erneut eine Renaissance. Die Gründung des Weltgewerkschaftsbundes (WGB) als richtungsübergreifende Einheitsorganisation scheint die Chance zu einer einheitlichen internationalen Gewerkschaftsbewegung zu eröffnen. Der IGB wird aufgelöst.

Geplant ist, die IBS in der Form von „Berufsabteilungen“ in den WGB zu integrieren, der zunächst seinen Sitz in Paris, dann in Prag und heute in Athen hat. Doch die wachsende internationale Konfrontation zwischen der UdSSR und den USA überschattet bald die Entwicklung des WGB. 1949 kommt es zur Spaltung: Vom Weltgewerkschaftsbund spaltet sich der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (IBFG) ab. An der als „Freie Welt-Arbeitskonferenz“ in London tagenden Gründungsversammlung nehmen 71 Gewerkschaftsbünde aus 54 Ländern teil, darunter die beiden einflussreichen US-amerikanischen Dachgewerkschaften American Federation of Labor (AFL) und Congress of Industrial Organizations (CIO). Neben WGB und IBFG besteht weiterhin der Internationale Bund Christlicher Gewerkschaften (IBCG). Und auch die Anarcho-Syndikalisten schaffen mit der Internationalen ArbeiterInnen-Assoziation einen internationalen Zusammenschluss, dem sich die überwiegend von ehemaligen Mitgliedern der Freien Arbeiter-Union Deutschlands zu Pfingsten 1947 gegründete Föderation freiheitlicher Sozialisten anschließt.

Im WGB bleiben die Gewerkschaften des „Ostblocks“, darunter der FDGB, und andere Gewerkschaften, die den kommunistischen Parteien ihrer Länder nahestehen. Ab Mitte der 1960er Jahre konzentriert sich der WGB auf die Mitarbeit in der IAO und in Unterorganisationen der UN, auch auf die Kooperation mit Gewerkschaften in Afrika, Asien und Südamerika. Nach der Auflösung des „Ostblocks“ verliert der WGB zwar an Bedeutung, aber er besteht weiterhin fort.

Die überwiegende Mehrheit der IBS schließt sich dem IBFG an. Mit der globalen Ausweitung der IBS seit den 1950er Jahren verändert sich die Struktur ihrer Mitgliedschaft und auch ihrer Arbeit. Die IBS erhalten vielfach einen eigenen Vorstand mit Verwaltungsunterbau und veranstalten eigene Kongresse. Parallel erfolgt eine Entwicklung von eher beruflich-handwerklich bestimmten Organisationsbereichen zu solchen, die mehrere Industriezweige umfassen. So schließen sich 1995 die Internationalen Bergarbeiter- und Chemiegewerkschaften zum Internationalen Verband der Chemie-, Energie-, Bergbau- und allgemeinen Arbeitergewerkschaften zusammen. Dieser fusioniert 2012 mit dem Internationalen Metallgewerkschaftsbund und dem Internationalen Bund der Textil-, Bekleidungs- und Lederarbeiter zur Globalen Gewerkschaftsföderation IndustriALL.

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