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Eine Stadtbahn mit der Aufschrift „Vergiss nie hier arbeitet ein Mensch“ des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) steht an einer Haltestelle.

Gegen Rassismus und Antisemitismus: Menschenrechte – national und international

Angesichts von Verachtung und Hass, mit denen eine wachsende Zahl von Menschen in Deutschland Fremden, vor allem Flüchtlingen und Asylsuchenden, gegenübertreten, engagieren sich die Gewerkschaften in zahlreichen Kampagnen gegen Rassismus und Antisemitismus, gegen Fremden- und Islamfeindlichkeit.

Mit der Initiative „Gelbe Hand. Mach meinen Kumpel nicht an“ wird versucht, im betrieblichen Alltag Solidarität zu schaffen. Außerdem arbeiten die Gewerkschaften mit anderen Organisationen zusammen. Hierher gehört die Bildung der „Allianz für Weltoffenheit, Solidarität, Demokratie und Rechtsstaat – gegen Intoleranz, Menschenfeindlichkeit und Gewalt“ im Februar 2016. Das Spektrum der Mitglieder reicht vom Koordinationsrat der Muslime und dem Zentralrat der Juden in Deutschland über die Kirchen, die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege, den Deutschen Kulturrat und den Deutschen Naturschutzring und bis hin zum DGB mit den Einzelgewerkschaften und zur BDA. Die Unterstützung von Flüchtlingen – von der Seenotrettung bis zur Starthilfe in Deutschland – gehört zum Engagement der Gewerkschaften. Und stetige kritische Auseinandersetzung mit allen Formen der Fremdenfeindlichkeit, des Rassismus und des Nationalismus – auch in Bündnissen mit Sozial- und Kulturverbänden sowie den großen Kirchen – steht auf der Tagesordnung.

DGB-Positionen zur Migrations- und Antirassismuspolitik vom 28.5.2022

Erinnerungspolitische Initiativen, von wissenschaftlichen Veranstaltungen bis hin zu Besuchen von Gedenkstätten, sorgen dafür, dass die Katastrophen der deutschen Geschichte, dass Antisemitismus, Holocaust und Krieg nicht in Vergessenheit geraten. Nach dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 führt der Kampf der israelischen Armee gegen Stellungen der Hamas im Gazastreifen, der Opfer unter der palästinensischen Zivilbevölkerung fordert, zu einem Anstieg der Zahl antisemitischer Straftaten, die von den Gewerkschaften verurteilt werden. Unter dem Slogan „Nie wieder ist jetzt!“ engagieren sich die Gewerkschaften am 9. November 2023 in Erinnerung an die Reichspogromnacht vor 85 Jahren gegen den erstarkenden Antisemitismus.

DGB-Aufruf „Nie wieder ist jetzt“ vom 9.11.2023

Ins Zentrum der gewerkschaftlichen Aufklärungsarbeit rückt seit 2016/17 die Widerlegung von Thesen der Alternative für Deutschland (AfD). Und der DGB legt 2020 einen Maßnahmenkatalog zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus vor, der viele Lebensbereiche – von der Schule bis zum Arbeitsplatz – behandelt. Als Ende 2023 die Zustimmungswerte für die AfD deutlich ansteigen und zudem Forderungen bekannt werden, unter dem Stichwort „Remigration“ eine massenhafte Ausweisung von Menschen mit Migrationsgeschichte zu planen, geht eine Welle der Empörung durch Deutschland. Zusammen mit politischen Parteien, Kirchen, Kulturverbänden usw. rufen die Gewerkschaften zu Kundgebungen auf, die Anfang 2024 an zahlreichen Orten veranstaltet werden, um für eine liberale Demokratie einzustehen und gegen Fremdenhass, Rassismus und Antisemitismus ein Zeichen zu setzen.

Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass die politischen Anschauungen der Gewerkschaftsmitglieder offenbar die des Durchschnitts der Gesamtbevölkerung spiegeln. Auf die Frage „Wie gehen Sie mit AfD-Mitgliedern in ihren Reihen um?“ antwortet Yasmin Fahimi im November 2023: „Wir prüfen unsere Mitglieder nicht auf Parteibücher, aber in der Funktionärsschaft akzeptieren wir keine AfD-Mitglieder.“

Für eine offene Gesellschaft

Die Initiativen der Gewerkschaften für eine „offene Gesellschaft“ sind Teil des Engagements für die Sicherung der Menschenrechte, zu dem auch gehört, für die Anerkennung der gesellschaftlichen Diversität einzutreten. Es geht um die Sicherung von gleichen Rechten und gleicher Teilhabe für alle Menschen – welcher Religion, ethnischen Herkunft, geschlechtlichen oder sexuellen Identität auch immer. Auch die Förderung der Inklusion von Menschen mit Einschränkungen steht auf der Tagesordnung. 2017 unterzeichnet die IG BCE die „Charta der Vielfalt“, mit der sie sich zusammen mit zahlreichen Unternehmen in ihrer Branche für die Akzeptanz, Förderung und Wertschätzung der „Einheit in Vielfalt“ bekennt.

„Charta der Vielfalt“ (2017)

Es geht also nicht mehr nur um die Gleichstellung von Männern und Frauen und von deutschen und ausländischen Arbeitskräften. Stärkeres Augenmerk liegt auch auf der Frage der geschlechtlichen bzw. sexuellen Identität: Auf diesem Gebiet arbeiten Gewerkschaften mit Initiativen der LSBTQ-Bewegungen zusammen. In mehreren Gewerkschaften sind Queer-Gruppen bzw. -Arbeitsgemeinschaften entstanden. So publiziert „dgb-queer.de“, die Zeitung des LSBTQ-Arbeitskreises im DGB-Bezirk Berlin-Brandenburg, im Juni 2015 das Grußwort Reiner Hoffmanns zum 25-jährigen Bestehen des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD). Darin betont Hoffmann, dass sich dieser Verband und die Gewerkschaften der anhaltenden Diskriminierung von Schwulen und Lesben bewusst sind und dass das Bemühen um Akzeptanz auf der Tagesordnung für den LSDVD und die Gewerkschaften steht. Und er fährt fort „Wir brauchen in den Betrieben und Unternehmen ein ‚Diversity Management‘, das zu mehr Offenheit, höherer Arbeitszufriedenheit und mehr Vielfalt beiträgt. Mehrere Initiativen unserer Mitgliedsgewerkschaften setzen sich dafür ein, dass die gesellschaftliche Toleranz nicht vor den Werkstoren halt macht.“ Und die GEW setzt sich ein für eine „Pädagogik der Vielfalt“. Sie plädiert für eine inklusive Geschlechterordnung, in der alle Menschen unabhängig von ihrem Geschlecht Respekt und Wertschätzung erfahren. Die geschlechtliche Vielfalt schließt neben der Zweigeschlechtlichkeit auch trans*, inter* und nicht-binäre Personen mit ein. Als Bildungsgewerkschaft setzt sich die GEW für die Repräsentation von Vielfalt in Unterrichtsmaterialien, sowie eine Verankerung des Themas in der Aus- und Fortbildung von pädagogischen Fachkräften ein. Dazu hat der Bundesausschuss Queer das Faltblatt "Trans*, inter*, nicht-binär: Für geschlechtliche Vielfalt und die Gleichberechtigung aller Geschlechter" erstellt. Und in der GdP wird z.B. für den Zollbereich ein Ansprechpartner installiert: Matthias Seidensticker, Vorstandsmitglied der GdP- Bezirksgruppe Zoll, steht insbesondere für Fragen und Problemen im Bereich LSBTQ+ (Abkürzung für Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle sowie für Menschen mit anderen sexuellen Orientierungen oder geschlechtlichen Identitäten) nicht nur dem Vorstand und den Personalräten als Ansprechpartner zur Verfügung, sondern unterstützt ebenfalls Kollegen und Vorgesetze bei entsprechenden Anfragen.

Gegen die alltägliche Gewalt

Erst in den letzten Jahren rückt das Thema „Gewalt am Arbeitsplatz“ stärker ins Blickfeld der Gewerkschaften. Wenn bis Ende des 19. Jahrhunderts von körperlicher Gewalt die Rede war, dann von den Gesinde- und Arbeitsordnungen, in denen vielfach Züchtigungsmaßnahmen vorgesehen waren. Und das Thema (sexualisierte) Gewalt, etwa gegen Kellnerinnen und Hausgehilfinnen, wurde bis ins erste Drittel des 20. Jahrhunderts allenfalls in den Zeitschriften für die angesprochenen Berufsgruppen angesprochen. Vor allem im Zuge der „Me Too“-Bewegung seit 2017 befassen sich Gewerkschaften mit diesem Thema.

In den letzten Jahren kommt ein weiteres Problem hinzu: die verbale und körperliche Gewalt, der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen z.B. in der Sozialverwaltung und im Verkehrswesen, bei Feuerwehr und Polizei oder auch im Sanitätswesen ausgesetzt sind. Unter der Devise „Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch!“ wird zusammen mit dem Weißen Ring eine Kampagne ins Leben gerufen, die am 14. September 2023 eine Konferenz zur Gewalt gegen Beschäftigte im Dienst der Gesellschaft abhält. Mit dabei sind u.a. der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck und die Stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack.

Internationale Solidarität

Solidarität mit verfolgten Gewerkschaftern und Gewerkschafterinnen ist keineswegs nur eine Frage, in der sich internationale Gewerkschaftsorganisationen engagieren. Auch die deutschen Gewerkschaften, der DGB und die Einzelgewerkschaften schauen auf die Diktaturen von Russland über den Iran bis nach China und in vielen Ländern Afrikas und auch Lateinamerikas. Und kritisch begleitet werden nicht nur die Entwicklungen nach dem hoffnungsvollen Aufbruch des Arabischen Frühlings, etwa in Ägypten, in Tunesien und in Libyen. Vielmehr geraten auch Demokratien des Westens in den Blick. Ein Beispiel ist der ver.di-Einsatz für politische Verfolgte und Gefangene, z.B. für den Journalisten und Gewerkschafter Mumia Abu-Jamal im Mahanoy-Gefängnis des US-Bundesstaates Pennsylvania im April 2015.

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