zurück
Arbeiterinnen bei der Herstellung von Puppen in der Spielzeugfabrik Sonneberg - 80er Jahre

Harte Geduldsprobe für die Bevölkerung: Zehn Jahre für einen neuen Trabi

Ohne Frage, den Bürgerinnen und Bürgern geht es besser. Dank niedriger Mieten und steigender Einkommen haben sie genug Geld, um sich „Luxusgüter“ wie Fernseher, Waschmaschine und Auto zu leisten. Allerdings, sie brauchen Geduld: Bis zu zehn Jahre müssen sie auf den Trabi warten. Und auch sonst gibt es noch eine Reihe von Defiziten.

Die Kaufkraft der DDR-Bürgerinnen und -Bürger steigt in den 1970er und 1980er Jahren weiter an. Ab 1. Oktober 1976 wird der Mindestlohn von 350 auf 400 Mark angehoben. Die Löhne in der Industrie steigen von der Mitte der 1970er bis Ende der 1980er Jahre von durchschnittlich 700 auf 1.200 Mark monatlich an. Gleichzeitig wird die wöchentliche Arbeitszeit schrittweise reduziert, der Jahresurlaub für alle Arbeitnehmer wird verlängert.

Das Geld für den Kauf langlebiger Konsumgüter ist also da, nicht zuletzt weil Mieten, öffentliche Verkehrsmittel und Lebensmittel billig sind. Nur „Luxusgüter“, wie Fernseher, Waschmaschine und Auto sind noch unverhältnismäßig teuer. Doch schwerer wiegt für die DDR-Bevölkerung, dass sie sich auf lange Lieferzeiten einstellen muss. Auf einen Trabant müssen die Menschen sage und schreibe 10 Jahren lang warten. Die Engpässe bei der Versorgung mit Telefonanschlüssen ist noch dramatischer: 1989 haben gerade mal 17,2 Prozent der Haushalte ein eigenes Telefon.

Alle Lebensmittel des alltäglichen Bedarfs stehen ausreichend und preisgünstig zur Verfügung. Importwaren sind jedoch kontingentiert und können entweder nur zeitweise oder aber nur in Läden des gehobenen Bedarfs gegen Valuta eingekauft werden.

Angesichts der Engpässe blüht die Schattenwirtschaft. Kaufverträge für Autos werden gegen andere Dienstleistungen oder Waren eingetauscht, am besten gegen Valuta. Wer dank Freunden oder Verwandten aus der Bundesrepublik in den Besitz von harter D-Mark oder von Produkten wie Kaffee, Schokolade, Kosmetika und Kleidung kommt, wird zwar nicht reich, kann aber doch den einen oder anderen Vorteil für sich rausholen.

Immer noch Wohnungsnot

Aber das ist nur die halbe Wahrheit. Die andere Wahrheit ist, dass es zum Beispiel viel zu wenige Wohnungen gibt – und das, obwohl die Bauwirtschaft seit 1970 hohe Priorität hat. 1988 feiert das SED-Regime die Übergabe der dreimillionsten Neubauwohnung seit Beginn des Wohnungsbauprogramms 1971. Die Wirklichkeit ist: Nur etwa zwei Drittel der geplanten und stolz verkündeten Wohnungen wurden wirklich gebaut.

Die Wartzeiten für Wohnungssuchende bleiben daher trotz der Neubauprogramme lang, die Mieten hingegen sind so niedrig wie in den 1950er/60er Jahren. Das trägt mit dazu bei, dass die Wohngebiete sozial stark durchmischt sind. Allerdings sorgt die Wohnungszuteilung auch dafür, dass bestimmte Gruppen wie Beamte und Stasimitarbeiter in räumlicher Nähe zueinander wohnen.

Natürlich bleiben der Bevölkerung die Engpässe und Probleme in der DDR nicht verborgen. Doch das Gefühl der Sicherheit scheint zunächst vieles zu überwiegen. Auch wenn es Anfang der 1980er Jahre schon viele Alarmzeichen gibt: Die Städte zerfallen, die Umweltbelastungen sind unübersehbar. Die Wohnungsnot ist immer noch präsent, die Produktion in den Betrieben geht zurück, die Zahl der Arbeitsunfälle und der Krankenstand steigen.

Erst gegen Ender der 1980er Jahre regt sich Unmut, bei vielen auch Verzweiflung. Tausende verlassen das Land und die Proteste in der DDR gegen das SED-Regime nehmen zu.