Quelle: AdsD
Freizeit und Konsum: Einmal im Jahr ab in den Süden
Trotz Wirtschaftskrisen geht es den meisten Menschen in der Bundesrepublik gut. Deutsche und ausländische Arbeiterfamilien kommen zu bescheidenem Wohlstand, kürzere Arbeitszeiten und verlängerter Urlaub steigern die Lebensqualität. Nur die Arbeitslosen sind von dieser positiven Entwicklung ausgenommen. Und deren Zahl steigt.
Der Trend zur Freizeit- und Konsumgesellschaft hält auch in den 1980er Jahren an. Die jährlichen Lohnerhöhungen, die Verkürzung der wöchentlichen Arbeitszeit, die Verlängerung des Jahresurlaubs – all das bedeutet für die Masse der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ein Mehr an Lebensqualität. Fernsehapparat, Tiefkühlschrank und Auto sind längst keine Luxusgüter mehr, die jährliche Urlaubsreise ins meist südliche Ausland ist auch drin. Das gilt zumindest für die Familien, die ein volles Einkommen zu Verfügung haben.
Auch die ausländischen Arbeitnehmer nehmen an dem bescheidenen Wohlstand teil. Als „Gastarbeiter“ angeworben, holen jetzt viele ihre Familien nach und richten sich darauf ein, in Deutschland zu bleiben. Einmal im Jahr fahren sie in ihre Heimat, um den Kontakt zu Freunden und Verwandten aufrechtzuerhalten. Damit bewahren sie sich ihre kulturelle Identität, die auch durch den Aufbau einer landestypischen Infrastruktur in ihren deutschen Wohnorten unterstützt wird.
Zentrum des alltäglichen Lebens ist für die meisten Arbeitnehmer nicht der Betrieb, sondern der Wohnort. Die Wohngebiete werden im Laufe der 1970er und 1980er Jahre heterogener, „echte“ Arbeiterviertel gibt es kaum noch. Schichtenspezifische Unterschiede etwa bei der Einrichtung von Wohnungen oder im Freizeitverhalten lösen sich auf. Nicht die Schichtzugehörigkeit, sondern das verfügbare Einkommen und in zunehmendem Maße auch die ethnische Herkunft entscheiden über Wohnort, Wohnungsgröße und -einrichtung, über Kleidungsstil und Freizeitaktivitäten einer Familie.
Doch die Gruppe derer, die an dieser positiven Entwicklung nicht teilhaben können, wächst, Teilzeit und befristete Beschäftigungsverhältnisse nehmen zu. Nicht zu vergessen, die vielen Arbeitslosen, die von der „Stütze“ leben.
Einkommen und Arbeitszeit
Trotz der strukturellen Probleme, die sich in der Wirtschaft, speziell im produzierenden Gewerbe, abzeichnen, steigen die Bruttostundenverdienste bis 1990 kontinuierlich an. Gleichzeitig sinkt die durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit in der Industrie von 41,6 im Jahr 1976 auf 40,1 Stunden im Jahr 1989. Die Lohnquote, also der Anteil der Einkommen aus nicht-selbstständiger Arbeit am Volkseinkommen, geht seit 1975 zurück, was vor allem auf die Wachstumsschwäche der deutschen Wirtschaft zurückzuführen ist. Damit vergrößern sich die Einkommensunterschiede zwischen Lohnabhängigen und Selbstständigen. Diese Bilanz fällt für die Einkommensbezieher umso negativer aus, als die Zahl der Arbeitnehmer in diesen Jahrzehnten kontinuierlich zu-, die der Selbstständigen aber abnimmt.