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Führung der DDR: Reformunfähig bis zum Schluss
„Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Dieser Satz von Michail Gorbatschow an die DDR-Spitze wird schon bald bittere Wahrheit – zumindest aus Sicht der SED-Führung. Zu tausenden verlassen DDR-Bürger über Ungarn und die Tschechoslowakei das Land, die Demonstrationen in Berlin, Leipzig und anderswo bekommen immer mehr Zulauf. Am 9. November 1989 fällt die Mauer. Es ist der Anfang vom Ende der DDR.
In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre wird die SED-Führung ihren eigenen Ansprüchen immer weniger gerecht. Die von Honecker viel beschworene Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik funktioniert nicht. Zwar wird der Ausbau der Sozialsysteme noch vorangetrieben, doch die ökonomischen Probleme spitzen sich zu. Die Preissteigerungen für Erdöl, Erdgas und andere Rohstoffe auf dem internationalen Markt verschärfen den ohnehin chronischen Devisenmangel, die relativ geringe Produktivität der DDR-Wirtschaft lässt Planziele und Wirklichkeit immer weiter auseinanderklaffen.
Dennoch sehen Partei- und Staatsführung keinen Bedarf umzusteuern. Selbst Mitte der 1980er Jahre, als die Auswirkungen der Krise überall spürbar werden, halten sie an ihrem Kurs fest. Noch schlimmer: Sie lehnen die Reformpolitik von Michail Gorbatschow, der 1985 zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gewählt wird, strikt ab. Für Erich Honecker und seine Genossen in der DDR-Führung sind Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) ein Verrat an der marxistischen-leninistischen Lehre. Zum ersten Mal seit Kriegsende ist das Verhältnis zwischen Sowjetunion und DDR gespannt.
Derweil bekommt die Bevölkerung die Auswirkungen der Wirtschaftskrise immer stärker zu spüren. Der Lebensstand sinkt, der Unmut wächst. Im Laufe der 1980er Jahre entwickelt sich eine oppositionelle Szene. Es sind zunächst wenige, die sich unter dem Schutz der Kirchen versammeln und mehr Demokratie fordern. Trotz scharfer Bewachung durch den berüchtigten Staatssicherheitsdienstes entstehen Friedens-, Umwelt- und Frauengruppen, erstmals wird das Meinungsmonopol von SED und FDGB sowie anderen DDR-Massenorganisationen in Frage gestellt.
Nach den Kommunalwahlen im Mai 1989 spitzt sich die Lage zu. Bürgerrechtler und Oppositionsgruppen werfen der SED-Regierung Wahlfälschung vor und rufen zu Demonstrationen auf. In Berlin und anderen Städten gehen Tausende auf die Straße und fordern mehr Demokratie. Die wöchentlichen Montagsdemonstrationen in Leipzig bekommen immer mehr Zulauf und ihr Ruf „Wir sind das Volk“ reicht weit über Leipzig hinaus.
Andere verlassen das Land. Sie kehren einem Sozialismus den Rücken, der wirtschaftlich gescheitert ist und der sie jahrzehntelang entmündigt hat. Sie fliehen nach Ungarn und in die Tschechoslowakei, besetzen dort die deutschen Botschaften und dürfen schließlich im Sommer 1989 ausreisen.
Dennoch feiert die DDR am 7. Oktober 1989, scheinbar unbeirrt, ihren 40. Jahrestag. Aber hinter den SED-Kulissen brodelt es. Nur zehn Tage später, am 17. Oktober 1989, muss Erich Honecker zurücktreten, Egon Krenz wird sein Nachfolger. Bereits anderthalb Monate später wird er von Hans Modrow abgelöst. Der Bezirksleiter aus Dresden gilt als Reformer innerhalb der SED.
Die friedliche Revolution
Doch die Ereignisse überschlagen sich: Am 9. November 1989 wird die Grenze geöffnet. Wenig später nimmt die Bevölkerungder SED-Regierung das Zepter aus der Hand. Sie will die Wiedervereinigung, sie will, dass die, die sie jahrelang bespitzelt haben, zur Rechenschaft gezogen werden. Am 15. Januar 1990 wird die Stasi-Zentrale in Berlin gestürmt, im Februar 1990 treffen sich Michail Gorbatschow, Helmut Kohl und Hans Modrow, um über die Möglichkeit der Wiedervereinigung zu beraten.
Am 18. März 1990 finden die ersten freien Volkskammerwahlen statt. Die von der CDU geführte „Allianz für Deutschland“ geht daraus mit 48 Prozent der Stimmen als Sieger hervor. Die SPD bekommt gerade mal 21 Prozent, die SED, die sich in „Partei des Demokratischen Sozialismus“ (PDS) umbenannt hat, wird mit 16,3 Prozent drittstärkste Kraft. Lothar de Maizière (CDU) schmiedet eine Koalition aus CDU, SPD, Deutscher Sozialen Union, Demokratischem Aufbruch und Bund Freier Demokraten – Die Liberalen und wird 12. April zum Ministerpräsidenten gewählt.
Am 1. Juli 1990 tritt die Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR in Kraft, am 31. August 1990 wird der Einigungsvertrag unterzeichnet. Die Siegermächte des Zweiten Weltkrieges, die immer noch über die Entwicklung Deutschlands „wachen“, akzeptieren den Weg in die Einheit, ein entsprechendes Abkommen wird bei den Zwei-plus-Vier-Gesprächen am 12. September 1990 unterzeichnet.
Am 3. Oktober 1990 ist Deutschland nach 40 Jahren wiedervereint.