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Werbeplakat des DGB für seine gemeinwirtschaftlichen Unternehmen

Großorganisationen in der Kritik: Das Vertrauen in den DGB schwindet

Mit dem Ölpreisschock beginnt eine Phase der weltwirtschaftlichen Depression, die alle westlichen Industriestaaten trifft. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den Arbeitsmarkt werden zudem vom Strukturproblemen bestimmter Branchen (z. B. Werft-, Stahl- und Textilindustrie) sowie von den Folgen der dritten industriellen Revolution verschärft. Seitdem herrscht Massenarbeitslosigkeit in Deutschland und Europa, die Gewerkschaften drohen wieder einmal in die Defensive zu geraten. Und ihr Image verschlechtert sich zusehends.

Seit den 1980er Jahren müssen sich die Gewerkschaften – wie andere Großverbände – mit vielen Vorbehalten auseinandersetzen. Sie seien „anonyme Großorganisationen“, ihre Führungen agieren „abgehoben“ und der Einfluss der Mitglieder sei begrenzt. Und überhaupt: Gewerkschaften seien ein Relikt aus längst vergangenen Zeiten, das nicht mehr in eine moderne Dienstleistungsgesellschaft passe. Ein weiterer Vorwurf, der vielleicht noch schwerer wiegt: Gewerkschaften verträten zu allererst die Interessen der „Arbeitsplatzbesitzer“, die Sorgen und Nöte von Arbeitslosen kämen zu kurz.

Diese Kritik führt Mitte der 1980er Jahre zu einer intensiven innergewerkschaftlichen Debatte über Ziele und Strategien gewerkschaftlicher Politik. Als Ausweg aus diesem Dilemma empfiehlt Ernst Breit, seit Mai 1982 DGB-Vorsitzender, in den „Gewerkschaftlichen Monatsheften“ vom Januar 1985 vor allem die Organisation von Arbeitslosen, die Stärkung der innerorganisatorischen Demokratie, die Belebung der Gewerkschaftsarbeit auf der Ebene von Betrieb und Ortskartell und die Aktivierung der Personengruppenarbeit, vor allem für ausländische Arbeitnehmer, Jugendliche, Frauen und Angestellte.

Skandal um die Neue Heimat

Doch die Bemühungen der Gewerkschaften, ihr Image aufzupolieren, bekommen einen schweren Dämpfer. 1982 sorgt der Skandal um das gewerkschaftseigene Wohnungsunternehmen Neue Heimat monatelang für Schlagzeilen. Mehrere Vorstandmitglieder haben das Unternehmen heruntergewirtschaftet. Der DGB zieht die Notbremse. Er verscherbelt die hoch verschuldete Neue Heimat und läutet damit das Ende seiner gemeinnützigen Aktivitäten ein. Es dauert Jahre bis die Gewerkschaften sich von diesem Glaubwürdigkeitsverlust erholen.

Aber nicht nur der Verlust an Glaubwürdigkeit macht den Gewerkschaften zu schaffen. Auch die Strukturkrise, etwa in Bergbau, Textilindustrie und Bauwirtschaft, schlägt sich auf die Mitgliederentwicklung nieder. Dennoch kommen einige Verbände vergleichswiese gut durch die Krise. Das gilt insbesondere für die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen, die zuallererst Angestellte organisiert.  Aber auch die IG Metall, die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, die IG Chemie, die IG Druck und Papier und die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten verzeichnen selbst in der Stagnationsphase 1986/87 Zuwächse.

Mitgliederentwicklung in Zahlen

Zu Beginn der 1970er Jahre ist die Mitgliederentwicklung positiv. Der DGB und seine Einzelgewerkschaften, zu denen seit 1978 auch die Gewerkschaft der Polizei gehört, wachsen auf 7,9 Millionen Mitglieder im Jahr 1981 an. Dann aber folgen drei Jahre des Mitgliederrückgangs: 1984 zählen die DGB-Gewerkschaften „nur” noch gut 7,6 Millionen Mitglieder. Ab 1985 stabilisieren bzw. erhöhen sich die Mitgliederzahlen dann langsam wieder, um 1986/88 bei gut 7,7 Millionen nahezu zu stagnieren.

Ganz ähnlich die Mitgliederentwicklung bei der DAG: Abgesehen von leichten Schwankungen, steigt die Zahl der Mitglieder von rund 470.000 im Jahr 1974 auf 501.000 im Jahr 1982. Der Rückgang 1982/83 auf 497.000 Mitglieder hält sich in Grenzen und ab 1985 geht es wieder aufwärts. Die Mitgliederzahlen des Christlichen Gewerkschaftsbundes verändern sich in den 1980er Jahren nicht: Er stagniert bei rund 300.000.

Angesichts dieser Mitgliederentwicklung ist an eine Verbesserung des Organisationsgrades in den Betrieben nicht zu denken: Nach einer langsamen Steigerung auf 34,2 Prozent im Jahr 1978 sinkt er stetig bis auf 32,9 Prozent im Jahr 1984. Eine Entwicklung, die den Gewerkschaften Sorge bereitet. Schließlich hängt die Durchsetzungsfähigkeit einer Gewerkschaft zu allererst vom Organisationsgrad in den Betrieben ab.

Erste Reformen

Angesichts des Strukturwandels, der Veränderungen in der Arbeitswelt und des sinkenden Einflusses der Gewerkschaften in den Betrieben, wird der Ruf nach einer Reform des DGB und seiner Einzelgewerkschaften lauter. Den ersten Schritt macht die IG Druck und Papier mit der Gründung der IG Medien. Sie fusioniert 1989 mit der Gewerkschaft Kunst, zu der neben Musikern und Bildenden Künstlern auch die Rundfunk-Fernseh-Film-Union gehört. Nach der Wiedervereinigung kommt es zu weiteren Fusionen und zur überfälligen Reform des DGB.

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