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13. August 1961: Bau der „Berliner Mauer“

Aufstand im Juni 1953: Mit Panzern gegen das eigene Volk

Ein Jahr nach den ersten Wahlen zum deutschen Bundestag finden im Oktober 1950 in der DDR die Wahlen zur Volkskammer statt. Die Wahlbeteiligung liegt nach offiziellen Angaben bei 98 Prozent. Das Ergebnis überrascht nicht: Die Liste der Nationalen Front, in der fünf Parteien und einige Massenorganisationen, unter anderem der FDGP, zusammengeschlossen sind, bekommt 99,7 Prozent der Stimmen.

Doch die Wahl ist eine Farce, die in der Verfassung vom Oktober 1949 parlamentarische-demokratische Republik steht nur auf dem Papier. Alle Parteien, die zur Wahl antreten wollen, müssen sich der Nationalen Front, in der die Sozialistische Einheitspartei (SED) die Mehrheit hat, anschließen. Andere Parteien sind nicht zugelassen und die Wähler können nur die Liste der Nationalen Front, nicht aber einzelne Parteien wählen.

Auch das Parlament hat keine echten demokratischen Befugnisse. Zwar werden die Gesetze von der Volkskammer verabschiedet, doch das ist nicht mehr als eine Formalie. Wohin die Reise geht, darüber befindet das Zentralkomitee der SED. Und das hält an seinem Kurs des „Aufbaus des Sozialismus“ fest. Die Enteignung großer Betriebe geht weiter, Klein- und Mittelbetriebe sowie die Landwirtschaft werden in Kooperative oder Genossenschaften umgewandelt.

Der Volksaufstand 1953

Doch der planmäßige Aufbau des Sozialismus läuft weder nach Plan noch stößt er überall auf Zustimmung. Im Gegenteil: Die Versorgung der Bürger verschlechtert sich, der Lebensstandard sinkt.

Als dann im Juni 1953 die Arbeitsnormen erhöht werden, um das Wirtschaftswachstum zu beschleunigen, bricht sich der Unmut der Bevölkerung Bahn: In (Ost-)Berlin kommt es am 15. Juni zu ersten Massenprotesten, die sich bald auf die ganze DDR ausweiten. Am 17. Juni wird der Volksaufstand von den Panzern der Roten Armee blutig niedergeschlagen.

Als Konsequenz aus dem Aufstand und den zunehmenden Fluchtbewegungen versucht das Regime, die Lebenslage der Bevölkerung zu verbessern. Sozialgesetze, z.B. zum Kinder- und Mutterschutz, werden verabschiedet, Kinderkrippen und -gärten ausgebaut, und der Wohnungsbau wird forciert.

Gleichzeitig werden „Erziehungsarbeit“ und Propaganda für den Sozialismus durchorganisiert. Die Kasernierte Volkspolizei und später die Nationale Volksarmee sowie die Massenorganisationen wie die Freie Deutsche Jugend (FDJ) und der Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) sind gehalten, zusammen mit betrieblichen Verbänden (z.B. Betriebskampfgruppen) die Menschen von der Richtigkeit der SED-Politik und des Marxismus-Leninismus zu überzeugen. Rundfunk und Fernsehen berichten quasi non-stopp über die gesellschaftlichen Fortschritte, Theateraufführung, Aktivisten-Ehrungen und 1. Mai-Kundgebung dienen zuallererst dem Zweck, die Vorzüge des Systems zu preisen. Die Propaganda des SED-Regimes ist allgegenwärtig.  

Säuberungsprozesse

Parallel dazu wird das Kontroll- und Überwachungssystem ausgebaut. Das 1950 als „Schild und Schwert der Partei“ gegründete Ministerium für Staatssicherheit (MfS) überwacht und verfolgt mit tausenden Inoffiziellen Mitarbeitern (IM) das gesellschaftliche Leben. Kritiker, z.B. Sozialdemokraten, werden aus ihren Ämtern entfernt oder verhaftet, die SED wird „gesäubert“: In Schauprozessen werden prominente Kommunisten zu langen Haftstrafen verurteilt. Die von Nikita Chruschtschow 1956 auf dem 20. Parteitag der KPdSU eingeleitete Entstalinisierung wird von der DDR-Führung nur halbherzig nachvollzogen. Allerdings werden zahlreiche politische Häftlinge entlassen und mehrere Politiker, die wie Hans Jendretzky, bis 1948 Vorsitzender des FDGB, in Ungnade gefallen sind, rehabilitiert.

Außenpolitisch bemüht sich die DDR-Führung um die internationale Anerkennung ihres Staates. Dies gelingt – nicht zuletzt wegen der von der Regierung Adenauer vertretenen Hallstein-Doktrin – zunächst nur in den Staaten des Ostblocks. Die Sowjetunion verleiht der DDR mit dem Staatsvertrag vom September 1955 die volle Souveränität, räumt sich aber Sonderrechte für die auf dem Gebiet der DDR stationierte Roten Armee ein.

Bau der Mauer

Doch die Bemühungen, die Bevölkerung vom Sozialismus zu überzeugen, schlagen fehl. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger packen ihre Sachen und machen sich auf den Weg in den Westen. Bis August 1961 fliehen insgesamt drei Millionen Menschen aus der DDR, darunter viele hoch qualifizierte Arbeitskräfte, die die DDR dringend für den Aufbau ihrer Wirtschaft braucht.

Um den Aderlass zu stoppen erteilt Walter Ulbricht – mit Rückendeckung der Sowjetunion – den Befehl, die Grenze nach Westberlin und in die Bundesrepublik zu schließen. In der Nacht des 13. August 1961 beginnt unter scharfer Bewachung der Nationalen Volksarmee der Bau der Berliner Mauer und eines 161 Kilometer langen Stacheldrahtzauns. Der Weg nach Westen ist versperrt.