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Im Dienst der SED: Höhere Produktivität als FDGB-Ziel
Mit seiner Gründung stellt sich der FDGB in den Dienst der SED. Er erkennt sie als „Vorhut der Arbeiterklasse“ an, akzeptiert ihre politischen Vorgaben und verzichtet auf eine eigenständige, aktive Vertretung der Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Eine gewerkschaftliche Tarifpolitik wie im Westen gibt es nicht.
Die Treue zur SED führt den FDGB immer mal wieder in ein Dilemma. Zu einseitig setzt die DDR, insbesondere Anfang der 1950er Jahre, auf die Steigerung der Produktivität. Regelmäßig werden die Arbeitsnormen erhöht. Immer mehr Menschen verlassen das Land. Selbst einigen Funktionären in den Reihen der SED ist klar, dass es dem Ansehen des FDGB bei den Werktätigen auf Dauer schadet, wenn er sich zu sehr auf die Förderung der Leistungsbereitschaft konzentriert. Und es wird zugestanden, dass es auch im Sozialismus zu Interessenkonflikten zwischen Arbeiterschaft und volkseigener Wirtschaft und damit dem Staat kommen kann.
FDGB begrüßt höhere Arbeitsnormen
Doch der FDGB, dessen Führung mehrheitlich mit SED-Mitgliedern besetzt ist, lässt sich nicht beirren. Er will „die gesamte Arbeiterschaft zu einer Armee der Partei machen“, verspricht der Vorsitzende des FDGB, Herbert Warnke auf der 2. Parteikonferenz der SED im Juli 1952. Eine Politik mit fatalen Folgen.
Im Mai 1953 beschließt die DDR-Führung die Arbeitsnormen um 10 Prozent zu erhöhen. Doch wenig später nimmt sie diesen Beschluss mit Rücksicht auf den hörbaren Unmut der Bevölkerung zurück. Nur der FDGB hält daran fest. In seiner Mitgliedszeitung „Tribüne“ werden die Normbeschlüsse als „in vollem Umfang richtig“ bezeichnet. Dieser Artikel wirkt wie ein Signal: Berliner Bauarbeiter ziehen vor das Haus des Ministerrats, um ihrem Ärger Luft zu machen. Tausende Bürgerinnen und Bürger schließen sich der Demonstration an. In kürzester Zeit springt der Funke auf andere Betriebe und Städte in der DDR über. Und es geht längst nicht nur um die Rücknahme der erhöhten Arbeitsnormen. Die Menschen demonstrieren auch für freie Wahlen und für die deutsche Einheit. Am 17. Juni 1953 wird der Aufstand mit der Hilfe sowjetischer Truppen blutig niedergeschlagen.
Der FDGB ist durch die Ereignisse vom Juni 1953 schwer getroffen, auch wenn er dies öffentlich nicht zugibt. Viele Mitglieder, auch Funktionäre an der Basis, haben sich der Protestbewegung angeschlossen, FDGB-Häuser, Schulen und Ferienheime wurden von den erzürnten Massen gestürmt.
Am FDGB kommt niemand vorbei
Doch trotz Unmut der Bevölkerung und trotz der Nähe des FDGB zur Staatsführung: Die Mitgliederzahlen steigen von 4,7 Millionen im Jahr 1950 auf 6,1 Millionen im Jahr 1959. Das entspricht einem Organisationsgrad von 91,7 Prozent. Doch Ausdruck einer großen Begeisterung für den FDGB ist dies sicher nicht. Es ist wohl eher der Tatsache geschuldet, dass Nicht-Mitglieder persönliche Nachteile in Kauf nehmen müssen. Außerdem steigt der FDGB in den 1950er Jahren zum wichtigsten sozial- und gesellschaftspolitischen Akteur in der DDR auf. An ihm kommt niemand vorbei.
Der FDGB verwaltet mit rund 200.000 Funktionären die Sozialversicherung, er ist zuständig für Arbeitsschutz und Gesundheitsvorsorge und wirkt an der betrieblichen Arbeitsorganisation und Sozialpolitik mit. Hunderttausende von FDGB-Aktivisten und -Aktivistinnen kümmern sich um den Ausbau von Kantinen, Kindergärten, Wäschereien, Betriebsverkaufsstellen und Sportanlagen. Nicht zu vergessen der Feriendienst des FDGB, der sich großer Beliebtheit erfreut. Er wird kontinuierlich ausgebaut, das Netz von Ferienheimen erweitert. Schon 1958 werden mehr als eine Million Reisen über den FDGB-Feriendienst gebucht.
Der FDGB organisiert das gesellschaftliche Leben. Sportveranstaltungen und Theaterbesuche gehören ebenso zum Programm wie Betriebsfestivals und Volksmusikabende. Und die Förderung einer Literatur der Arbeitswelt. Im April 1959 findet im Elektrochemischen Kombinat in Bitterfeld erstmals eine Autorenkonferenz statt, auf der nicht nur professionelle Schriftsteller, sondern auch Arbeiter ihre selbst verfassten Werke vorstellen.
Der FDGB ist „die“ Schule des Sozialismus. Mit Unterstützung und im Auftrag der SED werden Funktionäre und Mitglieder fit gemacht für die ideologische Auseinandersetzung mit dem „Klassenfeind“ und im Sinne der von Walter Ulbricht verkündeten „10 Gebote der sozialistischen Moral“ erzogen. Die im Rahmen dieser Bewegung gebildeten „Brigaden der sozialistischen Arbeit“ sollen durch „sozialistische Erziehung im Kollektiv“ jeden „kleinbürgerlichen Individualismus“ überwinden. Begleitet wird diese Erziehungsarbeit durch sozialistische Wettbewerbe und eine allgegenwärtige Propaganda über die Erfolge der DDR.
Mehr materielle Anreize
Doch stärker als zu Beginn der 1950er Jahre setzt der FDGB nun auch darauf, materielle Anreize zu schaffen, um Leistungsbereitschaft und Produktivität der Arbeiterinnen und Arbeiter zu steigern. Tausende von ehrenamtlichen und hauptberuflichen FDGB-Funktionären versuchen unter schwierigen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen zur Verbesserung der sozialen Lage der Bevölkerung beizutragen.
Ende der 1950er Jahre ist der FDGB im Alltag der DDR-Bürgerinnen und -Bürger fest verwurzelt. Ob im Arbeitsleben oder in der Freizeit, ob bei der Wohnraumversorgung oder in Versicherungsfragen – stets ist der FDGB ein wichtiger Ansprechpartner. Damit ist er nicht nur ein sozialpolitisches Aushängeschild des DDR-Staates. Er trägt mit seinen Maßnahmen auch dazu bei, dass die Härten des Alltags erträglicher werden.
Der Mauerbau 1961
Seine „ewige Treue“ zur SED aber bleibt. Als das Regime am 13. August 1961 die gesamte DDR vom Westen abriegelt, lässt der FDGB seine Mitglieder wissen: „Die Gewerkschaften betrachten diese Maßnahmen als weiteren wirksamen Schritt zur Sicherung des Friedens in Deutschland und zur Bändigung des westdeutschen Militarismus durch die Festigung der Deutschen Demokratischen Republik. Die Arbeiter- und Bauern-Macht und ihre Regierung können sich auf die Gewerkschafter der Deutschen Demokratischen Republik verlassen. Nach Arbeiterart werden sie noch entschlossener und wirksamer die Sache des Friedens und des Sozialismus verteidigen.“
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