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Eine Gruppe von Schmieden (zwischen 1870 und 1890)

1870: Arbeiterschaftsverband unter Druck: Deutsch-französischer Krieg setzt zu

Der deutsch-französische Krieg ist ein schwerer Rückschlag für die junge Gewerkschaftsbewegung. Der Arbeiterschaftsverband verliert 1870/71 die Mehrzahl seiner Mitglieder.

Diese Entwicklung wird durch Schweitzers Plan, den Arbeiterschaftsverband in die berufsübergreifende Organisation des „Allgemeinen Deutschen Arbeiterunterstützungsverbandes” zu verwandeln, noch verstärkt. In diesem Zentralverband sind Arbeiter und Arbeiterinnen, Kleinmeister und Kleinmeisterinnen gemeinsam organisiert, aufgeteilt nicht nach Berufen oder Branchen, sondern nach Bezirken.

Der Beschluss trifft auf Widerstand in der eigenen Organisation, so dass er 1871 gelockert werden muss. Dennoch treten mehrere Berufsverbände, u. a. die der Tischler und der Zimmerer, aus dem Verband aus. Die Mitgliederzahl schrumpft von über 18.000 auf 4.200.

Auch die „Eisenacher” Internationalen Gewerksgenossenschaften müssen schwere Verluste verkraften: Vier der zehn Berufsverbände gehen 1870 ein, die verbliebenen Verbände sind organisatorisch derart geschwächt, dass sie keine Generalversammlungen einberufen können. Ähnlich sieht es bei den Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereinen aus. Deren Mitgliederzahl sinkt von rund 35.000 auf unter 20.000.

Satzung des Allgemeinen Deutschen Arbeiterunterstützungsverbandes (pdf)

Kurzes Zwischenhoch

Im Zuge des wirtschaftlichen Booms 1871 bis 1873 stabilisieren sich die Gewerkschaftsorganisationen. Zwar weigern sich die meisten Arbeitgeber, mit den Gewerkschaften überhaupt kollektive Verträge auszuhandeln. Sie wollen am individuellen Arbeitsvertrag festhalten. Dennoch gelingt es einigen Gewerkschaften, auch dank der guten wirtschaftlichen Entwicklung, für ihre Mitglieder erstmals einen kleinen Anteil am Wirtschaftswachstum zu erkämpfen. Die Berliner Maurer setzen 1871 den 10-Stunden-Tag durch, 1873 wird der erste nationale Tarifvertrag, der Allgemeine Deutsche Buchdruckertarif, unterzeichnet. Darin wird der 10-Stunden-Tag verbindlich eingeführt, die zulässige Überarbeit geregelt und die Einsetzung von Schiedsämtern beschlossen.

Erster Tarifvertrag der Buchdrucker (pdf)

Die Fabrikbesitzer schlagen zurück

Die 1873 beginnende wirtschaftliche Depression schwächt erneut die gewerkschaftliche Durchschlagskraft. Nahezu in allen Berufszweigen müssen die Arbeiter und Arbeiterinnen Lohneinbußen hinnehmen. Nicht nur in der Schwerindustrie zeigt sich die Krisenstrategie der Arbeitgeberschaft: Um die Kosten zu senken, werden einerseits Arbeitszeitverlängerungen und Lohnkürzungen durchgesetzt. Andererseits werden die Kartellierung und der Zusammenschluss in Unternehmerverbänden vorangetrieben.

Außerdem entwickeln die „Fabrikherren” neue Machtinstrumente, um auf Streiks und die Ausbreitung der Gewerkschaftsbewegung zu reagieren. Sie legen „schwarze Listen“ von den so genannten Rädelsführern an und sperren bei Streiks ohne Rücksicht auf Verluste auch die Nicht-Gewerkschaftsmitglieder aus. Sie fordern die Regierung auf, sie beim Kampf gegen die „Umsturzbewegung” zu unterstützen. Doch es sollte noch ein paar Jahre dauern, bis ihrer Forderung Rechnung getragen wird. 

Gewerkschaften schließen sich zusammen

Der Streit zwischen den beiden sozialdemokratischen Richtungen, den Lassalleanern und Eisenachern, über die klein- oder groß-deutsche Lösung, ist nach der Reichsgründung hinfällig. Nachdem sich Bismarck durchgesetzt hat und das Deutsche Reich ohne Österreich gegründet ist, wird der Weg frei für den Zusammenschluss der beiden sozialdemokratischen Parteien. Dieser wird 1875 in Gotha beschlossen. Direkt im Anschluss daran folgt, ebenfalls in Gotha, die Vereinigung der sozialdemokratischen Gewerkschaften.

Allerdings: Die Spaltung kann nicht ganz überwunden werden. So gelingt es nicht, die sozialdemokratischen Gewerkschaften und die liberal orientierten Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine zu vereinen.

Beschlüsse der Gewerkschaftskonferenz in Gotha am 28./29. Mai 1875 (pdf)

Langsamer Anstieg der Mitgliederzahlen

Die Umsetzung des Einigungsbeschlusses von Gotha verläuft eher schleppend. Die beruflichen Fachverbände vollziehen den Zusammenschluss vielfach nur widerwillig. Sie wollen ihre Berufsverbände erhalten.

Dennoch steigt die Zahl der Mitglieder nach den Rückschlägen in der Kriegs- und Krisenzeit langsam wieder an: Ende 1877 zählen die sozialdemokratischen Gewerkschaften gut 50.000 Mitglieder. Die stärksten Verbände sind die der Tabakarbeiter mit 8.100, der Buchdrucker mit 5.500, der Tischler mit 5.100, der Metallarbeiter mit 4.000, der Schuhmacher mit 3.600 und der Zimmerer mit 3.300 Mitgliedern. Diese Mitgliedszahlen zeigen, dass noch in den 1870er Jahren die handwerklichen Fachverbände auch in der sozialdemokratischen Gewerkschaftsbewegung das Bild prägten.

Gewerkschaftliche Zusammenarbeit wird verbessert

Langsam geht die Vereinheitlichung der sozialdemokratischen Gewerkschaften voran: Im Februar 1878 einigt man sich auf der Gewerkschaftskonferenz in Gotha darauf, die Zusammenarbeit der Gewerkschaftszeitungen zu intensivieren und die Mitgliedsbeiträge zu vereinheitlichen. Außerdem wird beschlossen, sich bei der  Gewerkschaftsverwaltung und Agitation gegenseitig zu unterstützen.

Allerdings kann dies nicht mehr realisiert werden. Der Kongress, der 1878 in Magdeburg die Zusammenarbeit endgültig besiegeln soll, findet nicht mehr statt. Bereits vor der Verabschiedung der Sozialistengesetze erlässt Bismarck eine Reihe von Verbotsmaßnahmen, die die Durchführung dieser Konferenz unmöglich machen.

Die Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine grenzen sich ab

Die Streik- und Wahlerfolge der sozialdemokratischen Partei und der sozialdemokratischen Gewerkschaftsbewegung führen nicht nur dazu, dass Arbeitgeberschaft und Staat die Abwehrfront gegen die Gewerkschaften verstärken. Unter dem wachsenden politischen Druck verhärtet sich auch der Richtungsstreit zwischen der sozialdemokratischen und der liberalen Gewerkschaftsbewegung. 1876, auf ihrem Leipziger Verbandstag, beschließen die liberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine, die Einführung einer Revers-Unterschrift, mit der sich jedes Mitglied als Gegner der Sozialdemokratie bekennt. Das ist gewiss nicht nur eine Antwort auf Vordringen und Radikalität der Sozialdemokratie, sondern auch und vor allem der Versuch, den verschärften rechtlichen Behinderungen der Arbeiterbewegung zu entgehen.

Einführung der „Revers“-­Unterschrift auf dem vierten Verbandstag der Hirsch-­Dunckerschen
Gewerkvereine am 15./17. Oktober 1876 (pdf)

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