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Der Buchdrucker, um 1825

Erfolgreiche Vereingründungen: Die Buchdrucker und die Zigarrenarbeiter

Die erste nationale Gewerkschaftsgründung geht auf die Initiative standesbewusster Buchdruckergesellen und Prinzipale (Druckereibesitzer) zurück. Auf dem Kongress vom 11. bis 14. Juni 1848 in Mainz gründen die Delegierten von 12.000 Druckern und Setzern den Nationalen Buchdrucker-Verein. Sie wehren sich gegen das „Herabdrücken zur Fabrikarbeit” durch die Einführung von Dampfmaschinen und Schnellpressen in den Druckereien. Sie fordern den Schutz vor sozialem Abstieg und sozialen Risiken, insbesondere vor saisonaler Arbeitslosigkeit und sinkenden Löhnen.

Doch die Gemeinsamkeit von Gesellen und Prinzipalen währt nicht lange. Die Gesellen verlangen einen nationalen Setzer- und Druckertarif, in dem Lohn und Arbeitszeit verbindlich geregelt werden. Dies trifft auf den Widerstand der Prinzipale und führt zu mehreren Arbeitskämpfen. Nur wenige Monate nach der Gründung, beim 2. Kongress Ende August 1848 in Frankfurt am Main, wird der Tarif-Beschluss geändert. Die Folge: eine Reihe von Gesellen treten aus und gründen Ende September/Anfang Oktober 1849 in Berlin den „Gutenberg-Bund”. Dieser Verband zählt unter der Führung von Karl Fröhlich im Oktober 1849 rund 3.000 Mitglieder, die in 148 Orten leben.

Die Ziele des Gutenberg-Bundes sind laut Statut vom Oktober 1849: Die „Begründung, Hebung und Sicherstellung des materiellen und geistigen Wohles der Buchdrucker und Schriftgießer, ebenso das Wohl der Prinzipale wie der Gehülfen”. Er ist demokratisch aufgebaut, bietet Fortbildung für seine Mitglieder und befürwortet die Einrichtung von Unterstützungskassen. Eine Arbeitskampforganisation will der Verband nicht sein. Wie andere Arbeitervereine setzt er darauf, berufsständische und sozialpolitische Probleme in Verhandlungen mit Arbeitgebern und Regierung lösen. Ein Selbstverständnis, das den Weg zu einer gewerkschaftlichen Organisation weist und das die Mitgliedschaft von Druckern in Arbeitgeberfunktion ausschließt.

Statut des Gutenberg-­Bundes vom Oktober 1849 (Auszug) (pdf)

Assoziation der Zigarren-Arbeiter

Ebenfalls 1848 – auf dem Ersten Zigarrenarbeiter-Kongress in Berlin vom 25. bis 29. September – wird die „Assoziation der Zigarren-Arbeiter Deutschlands” gegründet. Anders als die standesbewussten Buchdrucker, die ihren Status verteidigen wollen, geht es den Zigarrenarbeitern vor allem um die Verbesserung ihrer Position und ihres Ansehens. Da ihre Arbeit als leicht erlernbar gilt, werden billige Arbeitskräfte angeworben, insbesondere Frauen, Kinder und auch Zuchthausinsassen. Dies trägt nicht dazu bei, den Ruf der Zigarrenarbeiter in einer ständisch geprägten Umwelt zu verbessern. Im September 1849 zählt der von Wenzel Kohlweck geleitete Verband 12.800 Mitglieder in 77 Orten.

In ihrem Statut vom 13. September 1849 schreibt die Assoziation der Zigarren-Arbeiter ihre Ziele fest. Sie will, dass Frauen-, Kinder- und Gefängnisarbeit verboten werden. Sie will Lohntarife durchsetzen und fordert für den Konfliktfall die Einrichtung von Schiedsgerichten. Sie schließt den Streik als Mittel der Interessenvertretung nicht aus.  

Gleichzeitig zeigt die Assoziation erste Ansätze einer Struktur, wie sie sich später in den Gewerkschaften durchsetzen wird: Sie ist demokratisch aufgebaut und finanziert sich durch die Beiträge der Mitglieder. Alle Zigarrenarbeiter sollen zur Mitgliedschaft in ihrer Assoziation verpflichtet werden.

Statut der Assoziation der Zigarren-Arbeiter Deutschlands vom 13. September 1849 (pdf)

Der Staat schlägt zurück

Kaum sind die ersten selbstständigen Arbeiterorganisationen gebildet, werden sie schon wieder verboten. Nur zwei Jahre nach der Revolution 1848 schränken Adel, Militär und ein anpassungswilliges Bürgertum die gerade errungenen politischen Freiheitsrechte wieder ein. Die „Arbeiterverbrüderung”, der Gutenberg-Bund und die Zigarrenarbeiter-Assoziation werden verboten, ihre Anführer Opfer politischer Verfolgung.

Doch die Organisationsidee lebt in den Kassen- und Unterstützungseinrichtungen fort, bis auch diese 1853/54 aufgelöst bzw. in behördlich kontrollierte Versicherungen umgewandelt werden. Nur einzelne gewerkschaftliche Kassen auf betrieblicher oder örtlicher Ebene bleiben erhalten.

Das doppelte Gesicht des Staates

Während die Arbeiterorganisationen verboten werden, bringt der Staat erste Gesetze auf den Weg, um die schlimmsten sozialen Missstände zu mildern. Verabschiedet werden gesetzliche Regelungen zur Fabrikinspektion und zur ersten Kranken- und Invalidenversicherungen. Diese staatliche „Doppelstrategie“ von Unterdrückung einerseits und Sozialreformen andererseits führt fast zwangsläufig zur Politisierung der Arbeiterbewegung. Denn die Durchsetzung sozialer Verbesserungen setzt die Durchsetzung politischer Rechte voraus. Alle Arbeiterorganisation stellen daher die Forderungen nach „mehr Demokratie“ in den Mittelpunkt ihrer Programmatik. Anders gesagt: Die Reaktion der Arbeiterbewegung auf die Reaktionszeit des Staates ist, dass sie sich mit Schwung politisch weiterentwickelt.

Preußisches Gesetz über die Fabrikinspektion vom 16. Mai 1853 (pdf)

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