3. August 1961: Bau der „Berliner Mauer“ ©AdsD/6/FOTB042397
Abbildung des Brandenburger Tors kurz nachdem Mauerbau
1961-1974
Ost: Hinter dem Eisernen Vorhang

Von Ulbricht zu Honnecker

Sozialismus hinter Mauern

Die Grenze ist dicht. Mauer, Stacheldraht und Selbstschussanlagen stoppen die Flucht der DDR-Bürger in den Westen. Wer es dennoch wagt, riskiert sein Leben. Doch das hindert die SED nicht daran, bei jeder Gelegenheit die Errungenschaften des Sozialismus zu preisen. Zwar werden die Lebensbedingungen besser, doch die Zustimmung der Bevölkerung gewinnt sie damit nicht (zurück).

Wassilij Tschuikow, Oberbefehlshaber der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland, und der designierte DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl bei der Übertragung der Aufgaben der Sowjetischen Militäradministration auf die DDR-Regierung im Oktober 1959

© AdsD/6/FOTA119360

Der SED-Partei- und Staatsführung ist vermutlich klar, dass die Abschottung gen Westen die DDR allein nicht stabilisieren wird. Sie muss alles tun, um die wirtschaftliche Entwicklung zu beschleunigen. 1963 führt sie daher das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“ (NÖS) ein. Die Planwirtschaft wird dezentralisiert, die mittleren Leitungsebenen bekommen mehr Entscheidungsbefugnisse und können dadurch flexibler agieren. Materielle Anreize, wie höhere Löhne und Prämien, sollen die Motivation der Beschäftigten steigern.

Die Rechnung geht zunächst auf, die Lebensbedingungen in der DDR werden besser. Doch die SED fürchtet zum einen um ihren Einfluss. Wegen des NÖS kann sie die Entscheidungen auf betrieblicher Ebene nicht mehr in dem gewünschten Ausmaß kontrollieren. Zum anderen kommt es immer häufiger zu Interessenkonflikten zwischen zentraler Planung und den wirtschaftlichen Entscheidungen auf betrieblicher Ebene. Ab Dezember 1965 leitet die SED-Führung eine „zweite Etappe“ des NÖS ein: Die Befugnisse der mittleren Ebene werden eingeschränkt, die zentrale Leitungsebene wird wieder gestärkt.

Die Aufholjagd mit dem Westen misslingt. Der Lebensstandard bleibt weit hinter dem in der Bundesrepublik zurück. Am 3. Mai 1971 wird Walter Ulbricht genötigt wegen der schwachen wirtschaftlichen Entwicklung zurückzutreten.

Die Verfassung von 1968

Ideologisch setzt das DDR-Regime seinen Kurs fort. Ziel ist es, eine „sozialistische Menschengemeinschaft“ zu schaffen. Diese Idee findet sich auch in der am 8. April 1968 verabschiedeten Verfassung wieder. Danach gibt es eine „Übereinstimmung der politischen, materiellen und kulturellen Interessen der Werktätigen und Kollektive mit den gesellschaftlichen Erfordernissen“. Die DDR sei ein Staat, in dem unter der führenden Rolle der SED, der Sozialismus gesiegt habe. Am Fernziel der Wiedervereinigung (auf der Basis von „Demokratie und Sozialismus“), wird festgehalten. Die Gewerkschaften sind laut Verfassung „frei“ und „unabhängig“. Sie bekommen auf zentralen Feldern der Wirtschafts- und Sozialordnung zahlreiche Mitberatungs- und Mitbestimmungsrechte.

Neuer Wind

Unter Erich Honecker, nach dem Abgang von Walter Ulbricht Erster Sekretär des Zentralkomitees der SED, geht es erneut darum, den Lebensstandard zu verbessern. Die neue Maxime des neuen Mannes an der Spitze der DDR: Die „Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“. Wie schon unter Ulbricht geht man davon aus, dass bessere Einkommen die Wirtschaft ankurbeln und die Produktivität erhöhen.

Auf internationalem Parkett

Außenpolitisch kann die DDR-Führung in den 1970er Jahre einige Erfolge verzeichnen. Nach 20 Jahren weitgehender Isolation betritt sie, nicht zuletzt dank der Ostpolitik Willy Brandts, erstmals die internationale Bühne. Nach dem Grundlagenvertrag vom 21. Dezember 1972 mit der Bundesrepublik wird sie 1973 als eigenständiger Staat in die UNO aufgenommen und an der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) beteiligt. Damit sitzen erstmals Vertreter der Bundesrepublik und DDR gleichberechtigt in internationalen Gremien. Die Verbundenheit der DDR mit der Sowjetunion bleibt unangetastet: Mit dem Freundschaftsvertrag vom 7. Oktober 1974 unterstreicht die DDR einmal mehr ihre „ewige Treue zum sozialistischen Bruderland“.

Doch die Öffnung gen Westen birgt auch Risiken: Die DDR-Führung befürchtet offenbar, die Neue Ostpolitik könnte die Fronstellung gegen den Westen aufweichen. Vehement greift sie den „Sozialdemokratismus“ als Augenwischerei an und erhöht den Druck auf die Kritiker im eigenen Land. Sie beschwört das „Wir-Gefühl“ und die nationale Eigenständigkeit der DDR.

In der dritten Verfassung, die 1974 verabschiedet wird, liest sich das sinngemäß so: Die DDR ist eine „sozialistische Nation“ und Mitglied des sowjetisch-geführten kommunistischen Lagers. Sie bekennt sich zum Ziel des schrittweisen Übergangs zum Kommunismus, den die SED als führende Kraft zu lenken hat. Die anderen politischen Parteien werden als Blockparteien der SED nach- bzw. untergeordnet.

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