Industrielle Revolution

Maschinen verändern das Leben

Baumwollspinnmaschine, um 1835

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Voraussetzung und Motor der Industriellen Revolution sind vor allem technische Neuerungen, die die Ausbeutung von Bodenschätzen, die Energiegewinnung und die Arbeitsprozesse im handwerklichen Bereich verändern. Dampfmaschine und Lokomotive sowie Spinn- und Webmaschine sind die Motoren des Wandels, der – ausgehend von England – in der Mitte des 19. Jahrhunderts auch Deutschland erreicht. Die Eisenbahn revolutioniert das Verkehrswesen, gefolgt vom Dampfschiff. Die Textilindustrie erlebt dank der Mechanisierung einen Produktivitätsschub, die ersten Fabriken der Schwerindustrie entstehen, aus denen Weltkonzerne wie Borsig und Krupp hervorgehen. Auch die Chemieindustrie beginnt sich zu entwickeln, etwa die Farbwerke Hoechst und die BASF, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts Weltgeltung erlangen.

Die Maschinen verändern das Leben in den Fabriken dramatisch. Die Arbeit wird aufgeteilt und zerstückelt, die Maschinen bestimmen Arbeitstempo, Ablauf und Länge der einzelnen Arbeitsschritte. Dazu gefährden Dreck, Krach und Gestank Leib und Leben der Arbeiterinnen und Arbeiter. Der Charakter des Produktionsprozesses und das Zeit- und Arbeitsdiktat der Fabrikbesitzer führen zu einer tiefen Entfremdung von der Arbeit.

Im Zuge dieses Wandlungsprozesses entwickelt sich die Arbeiterschaft. Obwohl die Mechanisierung der Produktion die handwerkliche Qualifikation entwertet, wird die Maschinenarbeit in Deutschland nicht grundsätzlich abgelehnt, Aktionen von „Maschinenstürmern“ sind selten. Handwerklich ausgebildet, übernehmen ganz überwiegend männliche Facharbeiter die anspruchsvollen Tätigkeiten in den sich entwickelnden Manufakturen und Fabriken. So bildet sich im Laufe des 19. Jahrhunderts eine stolze männliche Facharbeiterschaft einerseits, die Masse von un- und angelernten Arbeitskräften andererseits heraus.

Da die Arbeit in der Fabrik angesichts der Tatsache, dass schwere Tätigkeiten zunehmend von Maschinen ersetzt werden, als „leicht“ gilt, werden immer mehr Kinder und Frauen in den Fabriken beschäftigt – ganz besonders während des Ersten Weltkrieges, um die Männer, die an der Front sind, zu ersetzen.

Die Auffächerung der Arbeiterschaft hat Konsequenzen für die gewerkschaftlichen Organisationen: Das Rückgrat der sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts rasant entwickelnden Gewerkschaften sind die männlichen Facharbeiter. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnen sich un- und angelernte Arbeitskräfte, darunter auch Frauen, verstärkt in Gewerkschaften zu organisieren. Mit ihren Vorschlägen zur Arbeitsschutz- und Sozialgesetzgebung, ihrer Tarifpolitik und den ersten Ansätzen von betrieblichen Arbeitsausschüssen versuchen die Gewerkschaften Arbeitswelt und Arbeitsbeziehungen zugunsten der Arbeitnehmer mitzugestalten. Sie wollen durch soziale Reformen die schlimmsten Auswüchse der kapitalistischen Produktionsweise und die soziale Ungleichheit mindern.

Seiten dieses Artikels:

Industrielle Revolution:  Maschinen verändern das Leben
Das Fließband kommt: Fordismus und Taylorismus
Aktuell: Die digitale Revolution

Literaturhinweise:
Knud Andresen, Ursula Bitzegeio u. Jürgen Mittag (Hrsg.), „Nach dem Strukturbruch?“ Kontinuität und Wandel von Arbeitsbeziehungen und Arbeitswelt(en) seit den 1970er Jahren, Bonn 2011
Knud Andresen, Michaela Kuhnhenne, Jürgen Mittag u. Johannes Platz  (Hrsg.), Der Betrieb als sozialer und politischer Ort. Studien zu Praktiken und Diskursen in der Arbeitswelt des 20. Jahrhunderts, Bonn 2015
Reiner Hoffmann u. Claudia Bogedan (Hrsg.), Arbeit der Zukunft. Möglichkeiten nutzen – Grenzen setzen, Frankfurt/New York 2015

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