Munkacsy Streik 1895 (BU) ©Quelle unbekannt (QC)
Munkacsy Streik 1895 (AT)
1830-1870
Anfänge der Arbeiterbewegung

Handwerker begehren auf

Der Ruf nach Reformen wird radikaler

Der Unmut gegen die Fabrikherren wächst, der Ruf nach Reformen wird radikaler. Doch die ersten Versuche, sich in Arbeitervereinen zusammenzuschließen, sind wenig erfolgreich. Erst die traditionsbewussten Handwerker, die sich der revolutionären Bewegung im März 1848 anschließen, verschaffen der Forderung nach besseren Arbeitsbedingungen Gehör.

Bild vom Barrikadenkampf 1848

Revolution in Berlin: Barrikadenkampf am Alexanderplatz 1848

© AdsD/B004120

Obwohl die Arbeitsbedingungen in den Fabriken zum Himmel schreien, sind die ersten Versuche, Arbeitervereine zu gründen, nicht von Erfolg gekrönt. Es fehlt an Erfahrung und finanziellen Mitteln, um eine Organisation aufzubauen. Das politische Bewusstsein, dass schlagkräftige Vereine notwendig sind, um die soziale Lage der Arbeiterfamilien zu verbessern, ist noch wenig entwickelt.

Dennoch entstehen in den Jahren zwischen 1830 und 1840 zahlreiche Vereine. Es sind meist Unterstützungskassen, deren wichtigstes Anliegen es ist, Arbeitern in Not zu helfen. Vereine, die mit Arbeitskampfmaßnahmen die soziale Lage der Arbeiterinnen und Arbeiter verbessern wollen, gibt es nur vereinzelt.

Doch die Unzufriedenheit wächst. Nachdem ungezählte Bittschriften an Arbeitgeber und Staat ungehört verhallen, kommt es in den Jahren vor der Revolution 1848 zu ersten Streikaktionen. Zwar enden die meisten Auseinandersetzungen mit einer Niederlage, dennoch sind sie wegweisend. Es wächst die Erkenntnis, dass Forderungen nur mit Unterstützung starker Organisationen durchgesetzt werden können.

Die Vorkämpfer für dauerhafte Arbeitervereine sind allerdings nicht die Arbeiter selbst. Es sind die Handwerksgesellen, die für diese Idee streiten. Ihre Existenz ist durch den Einsatz von Maschinen bedroht, ihre Qualifikation entwertet und ihr Berufsstolz verletzt. Sie schließen sich in berufsständischen Organisationen zusammen, um für bessere Arbeitsbedingungen und gegen die Entwertung ihrer Arbeit zu kämpfen. Und sie schließen sich der revolutionären Bewegung für mehr Demokratie an.

Gründungswelle nach der Revolution 1848

Die Arbeitervereine gehen gestärkt aus der Revolution hervor, obwohl ihre Forderungen nicht in die Verfassung einflossen. Doch die erstmals garantierte Vereins- und Versammlungsfreiheit ermöglichen die freie politische Betätigung. Allenthalben entstehen lokale Arbeiter- und Gesellenorganisationen, die ihre Forderungen gegenüber Staat und Arbeitgebern selbstbewusst vertreten. Die ersten nationalen Verbände wie die „Arbeiterverbrüderung“, der „Buchdrucker-Verein“ und die „Assoziation der Zigarrenarbeiter“ werden gegründet. Auch die Kirchen nehmen sich der Arbeiter an. Sie wollen aus moralischen Gründen zur Verbesserung der sozialen Lage beitragen.

Doch nur zwei Jahre nach der Revolution werden diese ersten Ansätze einer organisierten Arbeiterbewegung im Keim erstickt. Die wieder erstarkte Monarchie schränkt die Grundrechte ein, die Vereins- und Versammlungsfreiheit wird aufgehoben, die meisten Arbeiterorganisationen verboten und ihre Anführer verfolgt.

Seiten dieses Artikels:

1830 - 1870

Ab 1830: Die ersten Arbeiterorganisationen
Die Buchdrucker und die Zigarrenarbeiter: Erfolgreiche Vereinsgründungen
1860: Die Gewerkschaftsidee breitet sich aus,  eine neue Gründungswelle beginnt

Themen und Aspekte dieser Epoche:

Debatte über die Arbeitervereine: Streikverein oder Gewerkschaft?
Die sozialdemokratischen Strömungen: 
Lassalle und die Gewerkschaften
Eisenacher und die Gewerkschaften 

Entwicklung der Arbeitskämpfe 1848 bis 1875 (pdf) 
Die Arbeitszeit in der Industrie von 1800 bis 1918 (pdf)
Mitgliederentwicklung gewerkschaftlicher Spitzenverbände ab 1869 (pdf)

Downloadmöglichkeit der Tabellen aller Epochen 

Quellen- und Literaturhinweise

Engelhardt, Ulrich, “Nur vereinigt sind wir stark”. Die Anfänge der deutschen Gewerkschaftsbewegung 1862/63 bis 1869/70, 2 Bde., Stuttgart 1977

Husung, Hans Gerhard, Protest und Repression im Vormärz. Norddeutschland zwischen Restauration und Revolution, Göttingen 1983

Kocka, Jürgen (unter Mitarbeit von Jürgen Schmidt), Arbeiterleben und Arbeiterkultur. Die Entstehung einer sozialen Klasse, Bonn 2015

Kocka, Jürgen, Arbeitsverhältnisse und Arbeiterexistenzen. Grundlagen der Klassenbildung im 19. Jahrhundert, Bonn 1990

Kocka, Jürgen, Lohnarbeit und Klassenbildung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in Deutschland 1800-1875, Berlin-Bonn 1983

Kocka, Jürgen, Weder Stand noch Klasse. Unterschichten um 1800, Bonn 1990 Marx, Karl/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, 1848, in: Dieter Dowe u. Kurt Klotzbach (Hrsg.), Programmatische Dokumente der deutschen Sozialdemokratie, 2., überarb. u. aktualisierte Aufl., Berlin u. Bonn 1984, S. 60 ff.

Marx, Karl, Inauguraladresse der Internationalen Arbeiterassoziation, gegründet am 28. September 1864, in: Karl Marx/Friedrich Engels, Werke (MEW), Bd. 16, Berlin (DDR) 1962, S. 5 ff.

Marx, Karl, Lohn, Preis und Profit (1865), in: MEW Bd. 16, S. 152.

Müller, Hermann, Die Organisationen der Lithographen, Steindrucker und verwandten Berufe, Nachdruck der 1917 erschienenen 1. Aufl., Berlin u. Bonn 1978

Offermann, Toni, Arbeiterbewegung und liberales Bürgertum in Deutschland 1850-1863, Bonn 1979

Todt, Elisabeth/Hans Radandt, Zur Frühgeschichte der deutschen Gewerkschaftsbewe¬gung 1800-1849, Berlin (DDR) 1950

Zwahr, Hartmut, Zur Konstituierung des Proletariats als Klasse. Strukturuntersuchung über das Leipziger Proletariat während der industriellen Revolution, Berlin (DDR) 1978

Schlaglichter 
  • Erste spontane Arbeiterorganisationen
  • Handwerker gehen auf die Barrikaden
  • Buchdrucker und Zigarrenarbeiter gründen erfolgreich Vereine
  • Monarchie schlägt zurück
Bild eines  ZImmermannsgesellen um 1850

Kämpfen für bessere Arbeitsbedingungen: Traditionsbewusste Handwerker schließen sich der revolutionären Bewegung 1848 an
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